Freitag, 7. März 2014

Diese ganze Auflehnung gegen nichts. Ist der absurde Mensch ohne Trost?
Ich betrachte dieses sich zersetzende Universum, das ganz und gar meines ist und nichts anderes sein kann. Allein mein Blick, den ich nicht tauschen kann, formt es und gibt ihm Gestalt. In unberechenbaren Schüben zieht es an mir vorüber, auf verschlungenen, sich manchmal selbst kreuzenden Bahnen durchquere ich es. Seine Gegenstände werden durch mich belebt; ich kann ihnen, wie Figuren auf einem Schachbrett, Leben einhauchen und ihnen sogar ein Schicksal verleihen. Ich spiele im Wesentlichen Theater für mich.

Neben all diesen Gegenständen, deren Formen geschlossen sind, d.h., denen außer ihrem Charakter keine zusätzliche Bedeutung zu geben ist - die sind, was sie sind - gibt es noch die Fotografien. Ihre Oberflächen sind geöffnet und zeigen mir eine unwirkliche Wahrheit. Ihr Wesen ist demnach pure Transzendenz und zugleich sind sie absolut wahr. Sie sind absurde Existenz, der Beweis, dass das Absurde existiert. Deshalb ist ihre Idee der größte Trost, den ich je erfahren habe.


(2013)

Denn der Charakter der Dinge wird mit mir sterben, dessen bin ich mir sicher. Sie sind mir mit ihren Eigenschaften tatsächlich nur geliehen oder vielmehr: anvertraut. Was ich an ihnen zu manifestieren habe, das ist mein Leben, das bin ich. Das Tragische daran ist, dass ich dieses, wie es ist, unmöglich jemals jemandem zeigen kann. Alles, was ich sagen kann, ist "Das hier! Das!", aber darüber hinaus ist jedes andere Ohr taub und jedes fremde Auge blind.

Doch für diese Tragik gibt es, wie ich finde, einen doppelten Trost, und die Fotografie liefert ihn mir, indem sie ihn beweist: Nämlich, dass dieses Leben gewesen ist und dass es unerschöpflich ist. Kein Gedanke reichte aus, die Wirklichkeit zu umspannen; was ich erlebt habe, ist stets nur der kleinste Teil, mein Teil der Wirklichkeit. Und da es nichts gibt, was authentischer sein könnte, betrachte ich ihn als den größtmöglichen Besitz: mein Sein schlechthin.
Was würde die Auflehnung lohnender machen als eine Gewissheit?

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This whole revolt against nothing. Is the absurd man without any solace?
I regard this dissolving universe which is completely mine and cannot be something else. My gaze alone which I cannot change is forming it and gives it a shape. It passes me with incalculable force, I traverse it on intertwined, sometimes crossing paths. It's objects are vivified by me, I can animate them like chess pieces and even give them a destiny. Substantially I stage a play for myself.

Beside all these objects whose forms are closed, viz. that cannot be given an additional meaning apart from their very nature - they are what they are - there are the photographs. Their surfaces are open and they show me an unreal reality. Thus their essence is pure transcendency and at the same time they are absolutely true. They are of absurd existence, the evidence that the absurd exists. Therefor their idea is the greatest solace I have ever experienced.

The essence of things will die with me, I am sure. With their qualities they are loaned or even confided to me. My life is what I have to manifest in them, it is me. The tragic thing is that I cannot possibly show this, as it is, to anyone else. All I can say is "This here! That!" but beyond that every other's ear is deaf and every foreign eye is blind.

Yet I think there is a double solace for this tragedy and it is given by photography as it proves: This life has been and it is inexhaustible. No thought is enough to span reality; what I have lived to see is always just the smallest part, my part of reality. And as there is nothing which could be more authentic I regard it as my biggest possible property: my plain existence.
What could make a revolt more rewarding than certitude?