Sonntag, 29. Dezember 2013

Das könnte tatsächlich das Auge Gottes sein, in welches sich die Welt so langsam, Augenblick für Augenblick, einschreibt. Lange konnte ich nicht sagen, was mich eigentlich so am Fotografieren fasziniert, aber ein wenig ist es doch das Gefühl dieses überzeitlichen, außerpersönlichen Blicks, dessen Gehilfe ich allenfalls mit meinen Bildern bin. Eine Welt aus diesem Licht weist gar nicht über sich selbst hinaus; sie ist vielmehr transzendent und immanent zugleich, sie ist nicht auf ein Ziel hin gebaut, doch ist sie gepolt, gerichtet:


(2012)

Ihre Erfüllung ist das Erkennen. Dieses Erkennen wiederum ist eine Form des Weniger, nicht des Mehr. "Selig sind die Armen im Geiste" (Matth. 5, 3) zitiert Meister Eckhart in seinem Buch der göttlichen Tröstung aus den Worten der Bergpredigt und beschreibt in seinen Reden der Unterweisung, wie sich dem im Glauben Erkennenden die Welt Schale um Schale auf ihren göttlichen Kern reduziert - den Seelengrund. Dabei handelt es sich nicht um eine dunkle Mystik, sondern im Gegenteil um nüchternste Erleuchtung. Allein das damit einhergehende Gefühl kann einem wie Trunkenheit erscheinen.

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This could really be the eye of God in which the world is slowly inscribed, moment by moment. For a long time I could not explain what I find so fascinating about photography but to some extent it is this feeling of this out-of-time, beyond-personal gaze to which I cling like an adjunct with my pictures. A world from this light has no need for a higher meaning; in fact it is both transcendent and immanent at the same time, it is not built for a certain purpose, yet it is poled, directed:

Its fulfillment is cognition. Again this cognition is a form of less rather than more. "Blessed are the poor in spirit" (Matthew 5:3) cites Meister Eckhart from the Sermon on the Mount in his Book of the Divine Consolation and describes in his Discourses on Instruction how the world reduces itself shell by shell to the divine core - the soul - for the perceiving in belief. This is not a mere dark mysticism but quite the contrary, a most sober satori. Only the feeling coming with it can appear like ebriety.

Dienstag, 17. Dezember 2013

varlık birliği / Vahdet-i Vücûd / وحدة الوجود


(2012)

Çayın rengi ne kadar güzel, 
Sabah sabah, 
Açık havada! 
Hava ne kadar güzel! 
Oğlan çocuk ne kadar güzel! 
Çay ne kadar güzel!


Orhan Veli Kanık

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Wie schön ist die Farbe des Tees,
Früh am Morgen,
Draußen im Freien!
Wie schön ist das Wetter!
Wie schön ist der Junge!
Wie schön ist der Tee!

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How pleasant is the color of tea,
In the morning,
In open weather!
How nice is the weather!
How pretty is the boy!
How pleasant is the tea!

Sonntag, 1. Dezember 2013

Ich weiß nicht, wo ich den Raum suchen soll, von dem ich nicht wusste, dass ich ihn verlassen habe. Ich habe ihn abgestreift wie eine zweite Haut, deren Zeit abgelaufen war. Wem gehört nun dieser Raum, den ich durchquert und hergegeben habe? Wessen Merkmal ist, dass er ihn kennt? Ich selbst kenne allein die Erinnerung, deren Qualität es ist, den Zugang zum Zurückgelassenen manchmal weit, manchmal nur ein wenig zu öffnen und die durch solche Materialien wie die Fotografie, aber auch durch den Klang, den Duft und die Jahreszeiten gestützt werden kann.

In diese Erinnerung kann ich hineingehen bis zu jenem Punkt, an dem eine hauchdünne Folie von Abwesenheit mich nicht weiter durchdringen lässt. Aber dort beschleicht mich stets das Gefühl, dass mein Blick doch erwidert, dass zurückgeschaut wird. Wessen Blick ist dies? Ich spüre, dass er aus den vermeintlich leeren Stellen kommt, denen man im Jetzt weniger Aufmerksamkeit schenkt. Es sind die Bereiche, die vordergründig von Abwesenheit geprägt sind, die das Dasein fast nur wie einen Schatten von Existenz auf sich tragen. Erst die Erinnerung (und ebenso die Fotografie!) legt über alles den Schleier der Abwesenheit und enthüllt damit zugleich eine Art Ununterscheidbarkeit von Tod und Leben.


(2012)

Für die Abwesenden bin ich der Tote, der Noch-Nicht-Gekommene oder eben der Gegangene. Mein Tod ist die Nichtteilnahme am Vergangenen und Zukünftigen, aus diesem Grund enthält bereits meine jetzige, lebendige Existenz Anteile des Todes, während im Tod Elemente des Lebens enthalten sind, nämlich die Erinnerung und möglicherweise auch die Vorsehung. Angesichts dieser Gedanken komme ich nicht umhin, mich zu fragen, in wessen Händen all dies stattfindet, auf wessen Rahmen dieser ganze Teppich gewebt ist...

Was wirst Du tun, Gott, wenn ich sterbe?

Ich bin dein Krug (wenn ich zerscherbe?)
Ich bin dein Trank (wenn ich verderbe?)
Bin dein Gewand und dein Gewerbe,
mit mir verlierst du deinen Sinn.
Rainer Maria Rilke: Das Stunden-Buch
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I do not know where to search for the space of which I did not even know that I left it. I peeled it off like a second skin whose time had elapsed. To whom belongs this space that I have crossed and that I gave away? Whose attribute is that he knows it? I myself know only my memory that has the quality to open the access to the left-behind, sometimes wide, sometimes very narrow, and that can be supported by materials like photography but also by sound, fragrance and seasons.

I can go into these memories till the point where a gauzy film of absence keeps me from going any further. But there I always have the feeling that my gaze is replied, that someone is looking back. Whose gaze is this? I sense that it emerges from the seemingly empty places that do not attract so much attention in the time of now. These are the spots that are ostensibly distinguished by absence and that bear just a shadow of presence. Only memory (and photography!) casts the veil of absence over everything and at the same time uncovers a form of indistinguishablity of death and life.

For the absent I am the dead person, the one who not yet came or who has left. My death is the non-participation in past and future and for this reason my actual living existence contains portions of death whereas death contains elements of life, namely memory and possibly also providence. In the face of these thougths I am bound to ask myself in whose hands all this happens, on whose frame this whole carpet is woven...

Donnerstag, 21. November 2013

公案 / 公案 / công án / Kōan


(2012)

Der Blick sieht eine Fotografie, der Gedanke durchdringt die Welt.
The gaze sees a photograph, the mind pervades the world.

悟り

Freitag, 8. November 2013

Fischfang

Nichts als Nachricht aus dem Element,
in dem man nicht leben kann. Nicht der Atem
geht den Weg ans Licht – allein der Leib kommt.
Und diesen haltend, so nahm ich's an;
die Grenze gebar, die Hände entbanden.
Nichts als ein Auge, das dich nicht kennt.

War es Sprung? War es Fall?
Trug ich nicht den Einmaligen,
Ungestalteten, das Meer?
Es half da kein Greifen, doch
war in den Fingern Verwandlung.


(2013)

Montag, 21. Oktober 2013

Die größte Freiheit müsste die des Überflüssigen sein, denn nur dieser sieht sich nicht dem Anpassungsdruck ausgesetzt, welcher die Teilhabenden in ihre Rollen drückt, die sie zu erfüllen haben – um zu arbeiten, um zu funktionieren, um zu existieren in einer ihre Sicherheit garantierenden Form. Der Überflüssige fällt dabei aus allem heraus und durch alles hindurch; sein Dasein ist außerhalb des Sinns begründet. Insofern ist es für ihn auch vollkommen sinnlos, sich nach den Strukturen der ins System Eingespannten zu sehnen. Stattdessen obliegt es ihm, sich zu definieren, sich völlig selbst zu begründen, anstatt aus dem Spektrum ihm sowieso nicht zugänglicher Möglichkeiten zu wählen.
Ist dies eine Aufgabe, die zu lösen ist?

Der Überflüssige ist immer ein Anderer, ganz gleich, wo er herkommt und wer er ist. Er muss auch ein Anderer sein, da er sich ja unmöglich ins bestehende Sinnsystem integrieren lässt. Das bedeutet also, dass das System stets versuchen wird, an ihm vorbei zu existieren und zu funktionieren, er wiederum aber nur trotz des Systems leben kann. Das heißt nicht notwendigerweise, gegen das System aufzubegehren, es meint allerdings auch nicht, mit dem System leben zu müssen; das Leben des Überflüssigen entzieht sich im Prinzip einfach dem systemischen Strom. Es ist das Leben daneben und als solches gegenüber dem System nicht rechenschaftspflichtig, eigenverantwortlich und frei. Wer überflüssig ist, ist draußen.


(2013)

The greatest freedom must be the one of the redundant because he alone is not affected by the pressure of conformance that pushes all participants into their roles - to work, to function, to exist in a form that guarantees their security. The redundant falls off; his existence is founded outside of the meaning. For that reason it is meaningless for him to long for the structures of those who are restrained by the system. In fact he is asked to define himself, to justify himself completely instead of choosing options that are out of reach for him anyway.
Is this a problem that is to be solved?

The redundant is always the other, regardless where he comes from or who he is. He has to be the other, simply because it is impossible to integrate him into the existing system of meaning. That means the system will always try to exist and function past the redundant, but he himself can only live in spite of the system. This doesn't mean necessarily to revolt against the system nor does it mean having to live with the system; the life of the redundant in principle simply detracts itself from the systemic stream. It is life alongside and as such not accountable to the system, self dependent and free. Being redundant means being outside.

Sonntag, 20. Oktober 2013

Hälfte des Lebens

Mit gelben Birnen hänget
Und voll mit wilden Rosen
Das Land in den See,
Ihr holden Schwäne,
Und trunken von Küssen
Tunkt ihr das Haupt
Ins heilignüchterne Wasser.


Weh mir, wo nehm' ich, wenn
Es Winter ist, die Blumen, und wo
Den Sonnenschein,
Und Schatten der Erde?
Die Mauern stehn
Sprachlos und kalt, im Winde
Klirren die Fahnen.


Friedrich Hölderlin


(2013)

Samstag, 12. Oktober 2013

Der wichtigste Durchbruch besteht in der Aneignung des Ortes; der Ort bedeutet einerseits stets eine Beheimatung, andererseits erwächst aus ihm das Potential zur Veränderung, zur Transgression. Eine Welt, die ausschließlich in Besitzverhältnisse und die daraus resultierenden Funktionszusammenhänge von Orten zerfällt, bietet keinerlei Raum zur Überschreitung von Grenzen. In einer solchen Welt lebend, stellt allein die Ironie ein letztes Mittel zur - innerlichen - Befreiung dar. Allerdings muss diese Ironie, um wirksam zu sein, selbst den Prinzipien von Besitz und Funktion widersprechen! Andernfalls gerät sie zur bloßen Geste und wird unwirksam.

Die Frage dabei ist, woran man sich lehnt. Nutze ich die mir bekannten, aber unangenehmen Gegebenheiten, um mich in meinem Denken und Handeln auf sie zu stützen oder lasse ich mich in jene Lücke fallen, die sich fühlbar zwischen den Monolithen des Alltäglichen, den vermeintlich realistischen, auftut und die mich auf magische, geradezu vertraute Weise anzieht?


(2013)

Ich werde immer aufs Neue bestärkt in dem Eindruck, dass Leben ein trotzdem Leben ist - und dies unabhängig von den Umständen. Vielleicht ist es der Trotz, den das Leben nötiger hat als Sonne, Luft und Wasser; Aufbrechen, obwohl der Weg womöglich nicht zu gehen ist, aber dass einer ihn geht, war das nicht der Hintersinn der Veranstaltung, das erklärte aber niemals vereinbarte Ziel? Unter diesem Blickwinkel, indem jenem Weg von einem Ort zum anderen und eventuell über die Orte hinaus seine Haftung an Besitz und Funktion entzogen wird, in diesem Augenblick stellt sich wie automatisch die Frage nach der Triebfeder hinter dem Ganzen.

Und ist es ehrlich gesagt nicht eine äußerst negative Kraft, nämlich die Kraft der Negation des Nicht-Seins? Ich tue etwas, um nicht nichts zu tun und tue es außerdem so, dass es Sinn machen möge. Es möge den Bedingungen von Besitz und Funktion Genüge tun, der Logik jener Welt Rechnung tragen, in welche dieses Handeln hineingeboren wird. Aber ironischerweise sitzt das Lebendige gerade im Nichts, dessen unheimliche, verlockende Offenheit den Gegenpart bildet zur Affirmation des Bestehenden. Dahin führt uns Kierkegaard, der in der Ironie des Sokrates eine Umkehr der Verhältnisse erblickt: Indem Sokrates die Angst vor dem Tod überwindet, indem er darauf verweist, nichts über diesen zu wissen, lenkt er erst das Bewusstsein auf die Tatsache der Angst vor dem Leben.

"Der Ironiker hebt das Individuum aus der Unmittelbarkeit des Daseins heraus, dies ist das Befreiende, darnach aber läßt er es - ähnlich wie dies in der Sage dem Sarg Mohammeds widerfährt - in der Schwebe bleiben zwischen zwei Magneten, dem anziehenden und dem fortstoßenden Moment."
Søren Kierkegaard
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The most important breakthrough is the appropriation of the place; place means home on the one hand, on the other it implies that from the place grows the potential of change, of transgression. A world that only consists of tenures and the resulting functional relations delivers no room for transgressing boundaries. Living in such a world, only irony provides an instrument to achieve at least inner freedom. However this irony has to neglect the principles of tenure and function to work properly! Otherwise it becomes a mere, effectless gesture.

The question is on what you rely. Do I build my thoughts and actions on the familiar yet disagreeable conditions or do I let myself fall into this gap, dragging me in a magical, almost confidential way, opening between those quotidian monoliths, pretended to be realistic?

Again and again my impression is confirmed anew that living means living nonetheless - regardless of the circumstances. Maybe life is more in need of defiance than it is of sun, air and water; leaving though it is likely impossible to go the way but the fact alone that one goes, wasn't that the meaning of the whole event, the declared aim we just never agreed on? From this point of view, by taking this way's adhesion to tenure and function, in this very moment the question about the mainspring behind everything rises automatically.

And, to be honest, isn't it a very negative force, namely the force of negation of inexistence? What I do, I do it just because to avoid doing nothing and I do it in a way that it may be meaningful. It may serve justice to the conditions of tenure and function, to accommodate the logic of this world into which the action was born. But ironically the alive is housed in this nothingness that, with it's uncanny, enticing openness, plays the counterpart of existence's affirmation. This is where Kierkegaard, who sees an inversion of relations in Socrates' irony, leads us: By overcoming the fear of death and by remarking to know nothing about it, he guides consciousness to the fear of life.

"The ironist lifts the individual from the immediateness of existence, this is the release, but afterwards he lets it stay in suspence between two loadstones, the adducting and the repelling moment - like what happened to Mohammed's coffin in the legend."
Søren Kierkegaard

Sonntag, 6. Oktober 2013

Rückwärts leben, rückwärts lieben - ich komme von dort, deshalb kenne ich mich aus. Was ist die Vergangenheit nicht für ein sicherer und angenehmer Ort, wenn man sie nur ihrer Alltäglichkeit entkleidet. Die Banalität eines beliebig herausgegriffenen Tages, der in Erinnerung ist, sie wirkt doch noch heroisch vor dem unendlichen Hintergrund des Vergessenen. Ja, wenn es keine Mythen gäbe, keinen Glauben, was sollte dann noch ein Gegengewicht bilden zu den rohen, ungeheuren Brocken von Gedächtnis, die in mir ruhen. Alleine mit dem Vergangenen sein, das heißt alleine sein mit sich selbst.

Und so zeigt sich, dass aus der Liebe, die war, eine Art Güte geworden ist, eine Form von geronnenem Gefühl, das zum Zeichen von Liebe erklärt wird, eine milde Narbe, die Zeuge von gelebtem Leben ist. Rückwärts schauen, da dort leben unmöglich geworden ist. Wie kommt es, dass das nicht wehmütig macht? Vielleicht weil feststeht, dass dieses Gewesen-sein unhintergehbar bleibt. Kein Handel auf der Welt wird den Tausch dieses Gutes einfordern; es zu tauschen, hieße sich vertauschen und... verlieren. An wen sollte ich meine Vergangenheit verlieren?


(2011)

Und nun, von dort an geht der Weg weiter. Er nimmt mich mit sich fort, und wohin? Das ist die andere und womöglich sogar die noch hellere Seite meiner Gewissheit: Sie offenbart, dass das in der Vergangenheit Geschaute nur das Spiegelbild des Zukünftigen ist, nur ein Abglanz dessen, was ich allzeit in mir trage - meine allmähliche Auflösung in der Zeit. Mein Selbst. Es sind die Schritte einer angelegten und zur ängstlichen Freiheit bestimmten Existenz, die ich gehe. Aber ich gehe sie!

Was für eine Erlösung ist das Wissen um die Unveränderlichkeit meiner Vergangenheit! Kein Schatz, den ich dort erworben habe, kann mir genommen werden. Was für ein süßer Trost ist die Offenheit meiner Zukunft! Ich alleine bin es, der dorthin wachsen wird und dessen Aufgabe nichts Geringeres ist als die Verwirklichung meines Selbst. Und der gegenwärtige Augenblick, ist er nicht alles andere als ein Warten, wenn er gelebt wird?

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To live backwards, to love backwards - this is where I come from, therefore I am well versed in it. What a save and comfortable place is the past if you disrobe it of its prosaicness. The banality of a single day in memory, chosen arbitrarily, doesn't it seem to be heroic in front of the unlimited background of oblivion. Indeed, if there were no myths, no faith, what should be the counter weight to the raw, tremendous chunks of memory that rest inside me. To be alone with the past means being alone with yourself.

So it shows that the love which has been there has become a sort of benignity, a form of coagluated feeling that is a manifested sign of love, a gentle scar, a witness of lived life. To look backwards because living there has become impossible. How can it be that this does not cause any melancholy? Maybe because it is certain that you cannot go beyond this having-been. No deal in this world will ever request this property; exchanging it would mean exchanging - and loosing - your self. To whom could I lose my past?

Now from there the journey continues. It takes me away but where? That is the other and perhaps even brighter side of my certainty: It reveals that what I see in the past is only a mirror image of the future, a mere reflection of what I hold inside me for all time - my gradual disintegration in time. My self. These are the steps of an arranged existance that I take, predestined to be anxious. But I take them!

What a salvation is the knowledge of the unchangeable past! No treasure I have achieved there can be taken away from me. What a sweet solace is the openness of my future! Me alone, I will be the one growing there and my only task is nothing but the implementation of my own self. And the present moment, isn't it anything else but waiting if it is lived?

Freitag, 20. September 2013

Unsere Gleichheit ist eine Ungeheuerlichkeit - sie ist ein Gewebe, in welchem jeder Faden den anderen kennt. Unser stetiges Bemühen, das Aufbäumen mit dem anderen, gegen den anderen, für den anderen. Körper haben, Körper sein - das echte, gelebte Verständnis; jede Umarmung ein Bild, das niemals Rätsel sein möchte.
Unsere Gemeinsamkeit ist die verlustlose Gleichzeitigkeit, niemals Geschichte. Vom anderen wissen, das andere spüren. Da gewesen sein und erinnern - was für eine Unfähigkeit, zu behaupten! Selbst eine Lüge bietet keine Erklärung. Die Zeit verwirft alles geduldig.


(2013)

Our equality is an enormity - it is one tissue in which every fiber knows about the other. Our steady effort, straightening up with the other, against the other, for the other. Having a body, being a body - the true, lived understanding; every embrace is an image, never intending to be a mystery.
Our community is the lossless contemporaneity, never history. To know about the other, to feel the other. Having been there and remembering - what an inability to claim! Even a lie offers no explanation. Time rejects everything patiently.

Mittwoch, 18. September 2013

Das ist die Sehnsucht: wohnen im Gewoge
und keine Heimat haben in der Zeit.
Und das sind Wünsche: leise Dialoge
täglicher Stunden mit der Ewigkeit.

Und das ist Leben. Bis aus einem Gestern
die einsamste von allen Stunden steigt,
die, anders lächelnd als die andern Schwestern,
dem Ewigen entgegenschweigt.


Rainer Maria Rilke


(2012)

Dienstag, 6. August 2013

Ist das der Realismus? Das noch nicht Erreichte in die Wirklichkeit zu holen, das noch nicht Verwirklichte ans Licht zu ziehen? Ohne Erwartung, einen Schlussstein setzen zu dürfen, ohne den Gedanken an eine Belohnung. Der Sisyphos, den man sich ja als glücklichen Menschen vorzustellen hat (Camus), er musste den Felsen hinaufwälzen - ich dagegen habe das Gefühl, an etwas zerren zu müssen. Es ist jedenfalls nicht der immer gleiche Felsbrocken, mit dem ich es zu tun habe; ich weiß nicht einmal, was es ist, das ich zu befördern habe und ob es sich nicht verändert. Nicht einmal der Auftrag ist klar. Wenn derjenige ein Sisyphos ist, der beständig versucht, an Sinn zu gelangen und doch immer neu feststellen muss, dass sein logisches Gebäude zusammenfällt, wer bin dann ich, dem es nicht um Bedeutung sondern allein um die Wahrnehmung geht? Finde ich mich dann unter den Danaiden wieder, die erst gar nichts sammeln konnten?


(2011)

Das ist der Realismus, den ich meine: Alles nach seinen Grenzen zu beurteilen. Es gibt Grenzen der Fähigkeiten, Grenzen des Verstandes, Grenzen der Emotion und so weiter. Alles innerhalb dieser Vielzahl von Beschränkungen liegende ist Gegenstand meines Realismus. Dazu zählen die Beobachtung der Effekte, welche die Gedanken an Metaphysisches im Menschen erzeugen, aber auch die Vergegenwärtigung von Kommendem, die Erinnerung an Vergangenes und die Vorstellung von Nicht-Seiendem. Es wäre ein Irrtum zu glauben, dass ein realistisches Verhältnis zu diesen Dingen selbst möglich wäre, da es überhaupt unmöglich ist, zu ihnen vorzudringen. Wirklich realistisch ist immer nur das Verhältnis zur Grenze, sofern es überhaupt erst bewusst wird.

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Is this realism? To bring the not-yet-reached into reality and to pull the not-yet-realized into light? Without the hope to ever place a keystone, without the thought of any gratification. Sisyphus who should be imagined as a happy human being (Camus) had to roll the rock up the hill - to me it seems like I have to pull something. In any case it is not the unchangeable rock I have to deal with; I do not even know what it is I have to handle and if it is not changing. Not even the mission is obvious. If he who always tries to come to a meaning and always has to realize that his logic construction collapses is a Sisyphus, who am I not being interested in meaning but perception? Will I find myself more likely among the Danaides who were not even able to collect anything?

That is the realism I think of: to judge anything according to its limitations. There are limitations of abilities, limitations of understanding, limitations of emotions and so on. Everything that lies inside these many limits is part of my realism. This is the observation of the effects that metaphysical thoughts produce in a person but also the visualization of coming events, the memory of past and the imagination of the absent. To believe that a realistic relation to these things themselves were possible would be a mistake because it is impossible to even reach them. Only the relation to the limitation can be truly realistic, if it becomes conscious.

Mittwoch, 31. Juli 2013

Der letzte der Herbste

Draußen ist Abstand – drinnen ist Zeit.
Kein Heimweh, das nicht um die Unschuld klagt.
Zählt man die Schritte, sind die Wege weit;
man ist man selbst, verspricht, verzeiht.
Und doch wird nie ein Wort gesagt.

Da ging der Mensch hin und kam nicht zurück.
Ist vorneweg gelaufen und geblieben.
Hat ganz alleine dort sein Stück
von Wirklichkeit: das Andere zum Glück
gelernt als noch nicht Eigenes zu lieben.


(2011)

Samstag, 27. Juli 2013

Die einzige zu rechtfertigende Religion müsste die der Realität sein. Nichts als der echte Augenblick, die reine Anwesenheit, das Unerreichbare weil immer gerade Erreichte kann bedeutsam sein, denn nur hier entzünden sich die Geschichten. Geschichte, das meint Erzählung, also die Darstellung von Abwesendem. Geschichte heißt auch Kristallisation, das im unveränderlichen Stillstand verharrende Unsichtbare. Nur der jetzige Moment ist in unserem Bewusstsein hell und flüssig. Wie ist es möglich, dass dieser Gedanke niemals die Blüte erreicht hat, die ihm angemessen wäre - die Erkenntnis der aktuellen Realität als Dreh- und Angelpunkt allen Geschehens?


(2013)

Hätte nicht spätestens die Entwicklung der Fotografie diese "Religion" hervorbringen müssen, weil sie uns das Daseiende vor Augen führt, indem sie es da sein lässt? Damit ist keinesfalls stumpfer Empirismus und Technikvernarrtheit gemeint. Das hat es zur Genüge gegeben mit teilweise den entsprechend fatalen Folgen, die damit einhergehen mussten. Der Fehler dabei war, die Werte mit ins Bild nehmen zu wollen, die sich eigentlich überhaupt nicht mit der Erfahrung von Realität vertragen. Werte sind Ideale, die zwangsläufig an der Strahlkraft des Reellen zugrunde gehen. Sie lösen sich schlicht und einfach auf wie Nebel im Licht der aufgehenden Sonne. Keine einzige menschliche Idee findet Platz in diesem minimalen Raum, der sich mit dem tatsächlichen Augenblick auftut - erst recht nicht die Vorstellung eines sprechenden und meinenden Gottes.

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The only justifiable religion must be the one of reality. Nothing can be meaningful but the true moment, the pure presence, the aspect of the unreachable that is always just reached, because that is where stories are ignited. History means telling - the display of something absent. History means crystallization, the invisible that remains in unchangeable standstill. Only this very moment is bright and fluid in our consciousness. How is it possible that this thought has never drawn an appropriate attention as it is the insight in current reality as the cardinal point of all events?

The evolution of photography should have had created this "religion" at the latest because it shows us everything that is there quite plainly by letting it be there. This is far from dull empiricism and technology's infatuation. We have had that already with all it's partially fatal consequences. The fault was to try to bring the values into the picture, but values actually cannot get along with the experience of reality. Values are ideals that have to die off in the brightness of reality. They simply dissolve like mist in the light of the rising sun. Not even a single human idea finds room in the minimal space of the real moment - particularly not the imagination of a speaking and meaning god.

Mittwoch, 24. Juli 2013

Der Blick schult sich doch immer an den Gegebenheiten. Welchen Nutzen hat es da, etwas dazu zu erfinden, wo doch alles schon da ist. Als biete die Wirklichkeit nicht genügend, um damit zu arbeiten und daraus zu lernen. Es ist schon schwierig genug, die richtige Auswahl zu treffen, den geeigneten Moment abzuwarten und bereit zu sein, das anzunehmen, was sich zeigt. Gibt es sich doch so freiwillig her, wenn man nur die Augen hat, zu sehen.

Meine Philosophie in diesen Dingen, wie könnte ich sie in Worte fassen? Am ehesten ist es wohl eine Schule des Respekts, durch die ich gehe, denn erst wenn ich den Dingen jenen Raum gestatte, der ihnen gebührt, werden sie Ausdruck meiner Kunst. Diese Kunst besteht darin, alles zum Klingen zu bringen nach seiner je eigenen Stimme. Es geht darum, den günstigsten Winkel einzunehmen, die beste Akustik zu erhaschen, in welcher der Ton am vollsten und deutlichsten klingt. Und, oh je, da höre ich auch schon die Einwände: "Was für eine Anmaßung! Als ob er zu beurteilen hätte, von woher die deutlichste Sprache zu vernehmen ist."


(2011)

Sicher ist es eine Anmaßung; ich mute mir dieses Talent in der Tat zu. Ich gehe sogar so weit zu behaupten, dass dies meine besondere Fähigkeit, meine Gabe ist und dass ich es als meine eigenste Aufgabe ansehe, eben dieses Talent aus mir herauszuschälen so gut ich nur kann. Denn ich weiß sehr wohl um das Misstrauen meiner Zeit allem Subjektiven gegenüber, die nur die nüchterne Überprüfung, die Statistik und den "belastbaren" Wert gelten lassen möchte. In diesem Denken existiert kein Platz für das Fühlen, das aber doch Voraussetzung ist, um erfahren zu werden. Keine Weisheit ist das Ergebnis bloß kühler Schlussfolgerung. Die Nüchternheit kennt das Wagnis nicht, das die Kunst erfordert.

Genau das aber ist der Respekt, jene Ethik des Betrachtens, die den Schauenden nicht leugnet und das Geschaute nicht reduziert. Das kann nur die wahre Liebe leisten, dem da Seienden zugewandt und es nehmend ohne einen Gedanken an Perfektion zu verschwenden. Nicht das Ideal beherbergt, was sich lohnen würde zu suchen - das Geheimnis ist längst angekommen und spricht bereits, seine Zeichen sind sogar so deutlich, dass es eher schwer fallen muss, sie nicht zu sehen.
Ohne das unstillbare Verlangen, wieder und wieder hinzusehen, ohne das verzweifelte Bemühen, jene poetischen Momente der Klarheit, der Wahrheit schlechthin, zu fassen, nur um sie erst denken zu können, ist alles wertlos. Ich will gar nicht erst von Seele sprechen, denn das hieße einen Begriff zu gebrauchen, der vorbelastet ist. Visionen sind es vielleicht, irgendwo zu suchen zwischen der bangen Sehnsucht Pascals und der trotzigen Gewissheit eines Nietzsche - es sind Bilder, die den halben Weg gegangen sind vom Himmel herab auf die Erde zu und jetzt keinen Fuß mehr fassen können und nicht wissen, wohin.

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The gaze trains itself on the basis of the conditions. If everything is already there, of what use is it to invent anything in addition. As if reality would not have enough in store to work with and to learn from. It is difficult enough to make the right selection, to wait for the adequate moment and be willing to accept what appears. It devotes itself so voluntary if you have the eyes to see.

How could I describe my philosophy in these things? It seems to be most approximately a school of respect through which I go because things do not become an expression of my art until I allow them their duly space. This art means bringing everything to sound in it's very own voice. The point is to find the most fortunate angle, to catch the best acoustics in which the tone is most resonant and clear. And, oh dear, I can already hear the demurs: "What arrogance! How can he know from where the most articulate language can be heard?"

Of course it is arrogance; I impute this talent to myself indeed. I go even further by saying that this is my special ability, my gift and that I consider it as my personal duty to crystallize this talent out of myself as good as I can. Because I know very well about the suspiciousness of my contemporaries that only accept sober examination, statistics and "authoritative" value toward everything subjective. In this thinking there is no room for feeling, but that would be precondition to become experienced. Wisdom is not alone the result of unagitated reasoning. Sobriety is ignorant of hazard which is a precondition of art.

But exactly this is the respect, this ethics of the view that does not deny the viewer nor reduce the viewed. Only true love that is facing the very present and taking it without wasting a thought on perfection can achieve this. The ideal does not shelter anything that would be worth to be searched for - the secret arrived long ago and it speaks, it's signs show so clear that it is even hard to not see them. Everything would be worthless without the insatiable desire to look and look again, without the desperate effort to grasp these poetic moments of clarity, of truth per se, only to become able to think them. Speaking of soul would mean to use a biased term. Perhaps they are visions from somewhere between Pascal's frightened yearning and the sullen doubtlessness of Nietzsche - they are images that have traveled half the way from heaven to earth and that now cannot gain ground and do not know where to turn.

Donnerstag, 18. Juli 2013

Da ist er also, dieser eine Moment, und ich muss gestehen, dass er immer größer war als ich selbst, dass ich nie ganz bereit war, ihn völlig in mich aufzunehmen. Da sind immer und immer wieder diese kleinsten Dinge, die fliehen vor meinem Blick, weil es doch nicht genügt, die Augen zu öffnen, um zu sehen. Reichten überhaupt meine Ideen aus, das Dasein zu fassen? Vielleicht nicht diejenigen, die ich erworben sondern nur die, die ich mitgebracht habe. Aber kann es denn tatsächlich etwas geben für mich, das älter ist als ich selbst? Ich schaue und schaue und dann denke ich: Weil es jetzt passiert, passiert es ständig.

Kann ich denn nicht schon in diesem Moment alles gewesen sein, was ich sein kann? Den möchte ich erst einmal kennenlernen, der mir sagen könnte, warum nicht. Er müsste mir dann schon erklären, welcher Stein oder welcher Tropfen mich denn davon abgehalten hat, nicht den Weg zu wählen, den ich gewählt habe, nicht die Worte zu gebrauchen, die ich benutzt habe. Und überhaupt - wie verwandeln sich denn Steine in Worte durch mich?


(2011)

Wenn ich selbst eine Antwort geben müsste, bliebe mir kaum etwas anderes zu sagen als: Ich war dieser Moment. Zwischen ihn und mich passt kein Blatt Papier, keine Folie, die etwas anderes tragen könnte als ihn oder mich. Wir bedingen einander. Ins Dasein aufzutauchen hieße dann festzustellen, dass es keine Tiefe hat, aus der man kommen könnte. Unter der Oberfläche bliebe dann alleine die Abwesenheit zurück, die so viel bedeutet wie: Es kann sein, es kann aber auch nicht sein. Die Oberfläche ist also die Wahl, die getroffene Entscheidung. Was nicht da ist, ist unsichtbar - was unsichtbar ist, ist nicht da... Ich kann nicht einmal mein eigenes Gesicht sehen.

War dies dann der Moment, der bereit war, mich aufzunehmen? Ich kann mich sehr gut erinnern, dass ich einige Schritte auf ihn zu gegangen bin, um mich in ihn zu stürzen. Wer weiß, wohin. Vielleicht dahinter etwas vermutend, erwartend. Da war das Gefühl, jetzt etwas Wichtiges zu tun und nicht nur zu warten. Schließlich empfinde ich es als eine Zumutung, allein der Zeit alles zu überlassen. Womöglich hat auch dieser Moment nur auf mich gewartet, um sich endlich zu erfüllen durch meine Tat und sich dann niederzulassen in meiner Geschichte.

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There it is finally, this single moment and I have to admit that it has always been greater than me and that I was never actually prepared to absorb it completely. There are always and always again these most small things that flee from my gaze because it is simply not enough to open your eyes for seeing. Would my ideas even suffice to capture existence? Perhaps not those that I acquired but the ones that I brought with me. But could something possibly exist for me which is older than me? I look and look and then I think: Because it happens now, it happens forever.

Couldn't I have been everything that I can be in this one single moment? I would really like to get to know the person who could tell me why I could not. He would then have to explain to me which stone or which drip should have restrained me from not choosing the way I have chosen and not using the words I have used. Actually - how do stones become words through me?

If I had to give an answer myself, there would be nothing left to say but: I was this moment. No piece of paper would fit there between me and it, no sheet that could carry anything but it or me. We condition each other. To emerge into existence then means to recognize that it has no depth from which you could come. Below the surface there would stay absence alone and it's meaning would be: to be or not to be. So the surface is choice, the reached decision. What is not there is invisible - what is invisible is not there... I cannot even see my own face.

Was this the moment that was ready to absorb me? I can remember very well taking a few steps toward it to hurl myself into it. Who knows whereto? Maybe assuming, expecting something behind it. There was this feeling to do something important now and not just to wait. After all I consider leaving everything to the passing of time as an unreasonable demand. Maybe this moment also just waited for me to fulfill itself finally through my act and to settle then in my history.

Sonntag, 14. Juli 2013

Das Zurücklassen hat zwei gänzlich unterschiedliche Gesichter, die doch wie die zwei Seiten derselben Münze unzertrennlich sind. Da ist der Aufbruch, der mich an neue Ufer vordringen lässt, die ich noch nie zuvor erblickt habe und da ist der Abschied, der mich von Bekanntem und auch Geliebtem unwiderruflich fortreißt. Wenn ich die Münze nun werfe, welche Seite wird sie mir zeigen?

Manchmal beschleicht einen das Gefühl, dass sich das Zurückgelassene nie ganz von einem lösen will, dass es einem vielmehr an jedem beliebigen neuen Ort auflauert und mit seiner Abwesenheit anklagt. Es lässt sich ja nicht bestreiten, dass es einmal da gewesen ist. Hat man es nun mit seinem Aufbruch im Stich gelassen, hat man seine Verantwortung ihm gegenüber nicht wahrgenommen? Dieser Gedanke hat die Macht, in den Wahnsinn zu treiben.


(2012)

Vielleicht hält die Aussage, dass Bewegung unvermeidlich und dass ohne sie kein Leben denkbar ist, keinen wirklichen Trost bereit; vielleicht erscheint sie sogar kalt und egoistisch, ihr Argument schal und rücksichtslos. Aber sie hat ihre Wahrheit. Denn es ist doch so, dass man dem stummen Drang irgendwann folgen muss, der sich im Inneren aufstaut und sein Recht beständig einfordert, indem er das Gegenwärtige in Frage stellt. Er wird nicht verschwinden, denn er kennt keine Zeit und kein Vorübergehen. Ihm gegenüber kann man sich lediglich taub stellen, aber über ihn zu triumphieren ist unmöglich.

Hier und vielleicht nur hier hat das das Individuum seinen Platz - vielleicht sogar mehr als den meisten lieb ist. Denn es muss akzeptieren, dass die Brücken, die es mit seiner Umwelt verbinden, nicht unvergänglich sind. So wie aus einer Landmasse mehrere Inseln werden können, können aus einer Welt zwei Welten werden. Aber sind sie nicht auch dem gleichen Gesetz unterworfen, das für alle gilt und das lautet: Dein Charakter und dein Leben seien eins? Das heißt, gibt es denn eine Alternative? Ein Nein zum Wunsch ist auch ein Nein zum Leben. Und das menschliche Leben mit seinen unzähligen Beschränkungen erlaubt nicht, den Bogen beliebig zu spannen. Ein sinnvolles und zufriedenes Dasein ist nur innerhalb seiner statischen Gegebenheiten möglich - und es setzt die Akzeptanz dieses Zustands voraus.

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Leaving behind always has two very different faces but they are as inseparable as the two sides of one coin. There is departure which gives me the chance to reach new shores I have never seen before and there is parting which snatches me away irrevocably from the familiar and beloved. If I toss the coin now, which side will it show?

Sometimes you have the feeling that what you left behind will never quite peel away from you but rather waylay in any new place and accuse you there with it's absence. It indeed cannot be denied that is has been there once. Did you turn your back on it when you departed, did you not assume your responsability for it? This thought has the power to drive you mad.

Maybe there lies no solace in the statement that movement is inevitable and without it there would be no life; maybe it seems even cold and egoistic, it's argumentation appears to be moldy and reckless. But it has it's truth. Because isn't it that at some point you have to accommodate the silent urge that is building up inside and that calls for it's right by questioning the status quo. It will not vanish because it is ignorant of time and elapsing. You can turn a deaf ear but it is impossible to triumph.

Here and maybe only here is the place for the individual - to an extent that most individuals are perhaps not likely to appreciate. Because they have to accept that the bridges between themselves and their surroundings are instable. And as one landmass can become several islands, one world can become two worlds. But are they not subordinated under the same law which applies to all and which goes: your character and your life shall be one? That means, is there an alternative? Saying no the the wish means saying no to life. And with it's countless limitations human life does not allow to draw a bow at one's own will. It is only possible to spend a reasonable and peaceful life within it's statical conditions - and prior to this that state needs to be accepted.

Donnerstag, 11. Juli 2013

Ist sie nicht sinnlos, diese Erinnerung? So ein alltäglicher Moment, so etwas Banales! Was trägt er schon zu meinem Weiterkommen bei? Diese absurde Welt, die sich da in Farbklecksen zerstreut - ich habe sie nicht erfunden. Was für ein Anblick.

Da sind diese Linien, die uns begleiten und die dazu da sind, uns einen Weg zu markieren. Sie sagen uns: "Hier findest du dieses und jenes. Da hinten geht es nicht weiter. Dort musst du hin, um nach Hause zu gelangen." Es ist so eine sanfte Sprache. Und was für sonderbare Proportionen! Man muss das einmal ganz auf sich wirken lassen. Ja, das ist es: Diese Dinge sind normalerweise völlig unsichtbar.


(2013)





Gerade die Schilder werden kaum noch gelesen. Prinzipiell machte es keinen Unterschied, wenn einer all diese Farben heute noch ausradieren würde. Es ist doch dies ein Ort, an dem etwas passiert; keiner will hier wirklich bleiben. Sind Blau, Grün und Rot da nicht reine Energieverschwendung? Ist nicht sogar das Grau noch zu kräftig?

Was für ein Gefühl, wenn die immergleichen Bilder in meinem Kopf zusammenrutschen - gut tausend Tage haben da Platz in einem einzigen Foto. Ihre Ähnlichkeit verklumpt sie zu einem hellen, weiten Sommer und einem langen, dunklen Winter. Und da stecken sie nun und wissen nicht weiter.

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Isn't it meaningless, this memory? Such an everyday moment, such banality! What kind of contribution does it make to my advancement? This absurd world, dispersing there in blots of color - I have not invented it. What a sight.

There are these lines that guide as and that have the function to mark us a way. They say: "Here you find this and that. There is a dead end back there. You have to go there to find your way home." It is such a gentle language. And what curious proportions! You really have to let it sink in. Yes, that's it: Normally these things are completely invisible.

Especially the signs are read by no one anymore. In principle it would make no difference if somebody would erase all the colors right now. This is a place where something happens; nobody really wants to stay here. Aren't blue, green and red simply a waste of energy? Isn't even this grey too bright?

What a feeling when all these ever same images rush together in my head - a thousand days find room in a single photograph. Their similarity lets them clump together and they become a bright, wide summer and a long, dark winter. And that is where they got stuck and don't know what to do.

Freitag, 5. Juli 2013

Am Anfang steht immer das Bewusstsein, dass da mehr ist, als man kennt. Es gibt da stets den Blickwinkel, den man noch nicht eingenommen hat, der aber alles Vorangegangene entscheidend verändern kann. Ich könnte mir keinen größeren Antrieb vorstellen, weiter zu suchen. Es ist nicht unbedingt ein Gefühl von Unvollständigkeit, auch das Wort Neugier scheint mir kein passender Ausdruck zu sein für dies Vorwärts-streben-Wollen. Es ist vielleicht die eigenartige Gewissheit, dass das Andere doch die Heimat des Bekannten ist und dieses gleichzeitig nur über den Umweg des Fremden gelesen und verstanden werden kann.

Mir wäre der Gedanke unerträglich, niemals den Versuch unternommen zu haben, diesen Weg zu gehen. Ich würde nicht leben wollen, ohne diese anderen Welten kennengelernt zu haben, die neben meiner existieren. Damit meine ich keineswegs Produkte der Fantasie, nichts Metaphysisches oder unbedingt Göttliches. Nein, es ist alles hier. Und doch ist man oft zu sehr mit Blindheit geschlagen, um jene unsichtbaren Wände durchdringen zu können, die einen umgeben. Nicht mal Entfernung ist zwangsläufig der Grund dafür, es reicht völlig aus, nicht dieselbe Sprache zu gebrauchen. Und auch wenn die Worte identisch sind, heißt das nicht automatisch, dass die zutiefst zwischenmenschlichen Gräben überwunden sind.


(2011)

Meine Orientierung richtet sich nach dem Licht. Es lenkt alleine meine Aufmerksamkeit und im Laufe der Zeit habe ich gelernt, ihm Vertrauen zu schenken. An sich bringt es nichts mit außer sich selbst. Aber es ist in der Lage, alles zu bestimmen, zu beleben und zu bedeuten. Ein wenig versuche ich wohl, ihm nachzueifern, indem ich mich mein Verständnis möglichst nach seinen Gesetzmäßigkeiten gestalte.

Am wichtigsten ist dabei wohl, dass es selbst keine Unterschiede kennt. Dadurch wird es zum Maßstab, mit dem alles verglichen werden kann, der selbst aber nicht misst. Im Gegenteil: Wenn ich es benutze, um ein Bild herzustellen, habe ich anschließend lediglich die Chance, mich selbst darin wiederzuerkennen. Das ist Reflektieren im doppelten Sinne des Wortes. Da sehe ich dann also die weißen und silbernen Stellen, die mir gleich zu Beginn, noch vor der Aufnahme aufgefallen waren und ganz besonders gut kenne ich vielleicht diesen oder jenen Fleck, der mir ins Auge stach, als ich auf den Auslöser drückte.
Jetzt aber fallen mir nach und nach auch die dunkleren und dunkelsten Bereiche auf, die ich mitgenommen habe, ohne es zu wissen. Die Kamera hat sie alle zugleich entdeckt, weil sie nie auf etwas Bestimmtes achtet. Werde ich irgendwann Gelegenheit haben, die Stellen zu belichten, die sich noch im Schatten befinden? Es liegt wahrscheinlich an mir, das Detail wartet meist geduldig auf das Licht.

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In the beginning there is always this awareness that there is more than you know. There is always this angle of view from which you have not seen yet but which is going to change essentially anything you have seen before. I could not think of a greater urge to keep on searching. It is not necessarily a feeling of incompletion, the term curiosity also does not seem to be appropriate to express this urge of moving forward. Maybe it is the strange certainty that the other is always the home of the well-known but it can only be intelligible by making the detour of a stranger.

To me the thought of never having tried to go that way would be unbearable. I would not want to live without getting to know these other worlds existing next to my own. I do not think of fantasies, nothing metaphysical or implicitly devine. No, everything is here. But far too often one is too blind to break through these invisible walls that surround us. Distance does not have to be a reason - it is enough if you do not use the same language. And even if the words are identical it does not automatically mean that the distances between humans are overridden.

Light is my orientation. It alone guides my attention and with time passing I have learned to trust it. It comes with nothing but itself. But it has the ability to determine, to animate and to denote everything. Maybe I try to emulate it a little by shaping my understanding after its' nature.

The most important thing seems to be that it knows no differences. That is why it becomes a measure everything can be compared to but which itself is not measuring. Quite the contrary: if I use it to produce an image I only end up with the chance to find myself in it. This is the literal sense of reflecting. So I see these white and silver areas that had drawn my attention in the very beginning, even before the shot, and maybe I still recognize one or another spot which has caught my eye the very moment I pushed the release button.
But now I gradually notice those dark and darkest areas which I have taken with me without knowing. The camera has spotted them all at once because it has never a certain attention for anything. Will I ever have the chance to bring light to these dark areas that still lie in the shadows yet? I guess it is up to me because the details wait patiently for the light most of the time.

Dienstag, 2. Juli 2013

Seltsam, wenn man sich überlegt, dass das ganze Leben doch so etwas ist wie ein lange belichtetes Foto. Man ist vielleicht gewöhnt, es sich als einen Film vorzustellen, eine persönliche Aufzeichnung, die sich am Schluss irgendwie wiedergeben ließe oder auch nicht. Dabei wissen doch die meisten, dass ein Film aus unzähligen stillen Einzelbildern besteht. Aber ist der Mensch denn überhaupt fähig, den einzelnen, unendlich kleinen Moment zu denken? So klein, dass er kleiner wäre als die kürzeste Belichtungszeit? Wohl kaum.

Eine solche Vorstellung macht für uns keinen Sinn, weil sie keinen Raum bietet. Nicht für ein Gefühl, nicht für ein einziges Wort und erst recht nicht für eine komplette Geschichte. Wenn die Geschichte eines Lebens aber kein Film ist, was ist sie dann? Wenn sie einer Fotografie ähnlich ist, was bedeutet das?


(2011)

Das Foto zeichnet auf, solange es belichtet wird. Während der Dauer dieses Prozesses wird aus einer vollkommen dunklen Fläche eine helle oder umgekehrt, wenn man an das Negativ denkt. Alles, was hell ist, wird dunkel und alles, was dunkel ist, hell. Normalerweise ist dieser Vorgang von so kurzer Dauer, dass sein Ergebnis, das fotografische Bild, dem Betrachter als ein Augenblick erscheint, ein natürlich wirkender Einblick in einen Ausschnitt vergangener Zeit. Dabei gilt es von technischer Seite vieles zu beachten: Die Belichtungsdauer muss passen, die Kontraste stimmig und der Fokus richtig gesetzt sein.

Wenn die Belichtungsdauer so lange anhält, dass sich vor der Linse etwas bewegen kann, entsteht kein Film sondern eine Spur. Das können die Rücklichter vorbeirasender Autos sein oder ein stark beschleunigter Fußball. Aber wenn man nur lange genug belichtet, hinterlässt selbst eine Schnecke solche Lichtspuren. Kann man diesen Spuren nun nachsagen, sie hätten irgendeinen Sinn? Anders als die Filmbilder scheinen sie nicht zu sagen "erst dies und dann das" sondern immer nur "jetzt, jetzt und jetzt" und bis der Verschluss die Sache beendet, dauert es an, dieses Jetzt.

Mir scheint, dass dieses Bild dem Leben deutlich mehr entspricht, als ein Film. Da ist das Licht, das mir zur Verfügung steht und mit dem ich versuche, etwas Sinnvolles zu Papier zu bringen. Da ist die Unmöglichkeit, mich zu verstecken oder irgendetwas jemals zu löschen. Da ist schließlich die Aufgabe, den Fokus so zu setzen, dass ich die Chance habe, überhaupt etwas zu erkennen. Und dann ist da schließlich noch der Auslöser, den aber nicht ich betätige sondern wer auch immer... An diejenigen zu denken, die das Foto einmal betrachten, ist wiederum eine andere Sache.

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It is strange when you think that a whole life is more or less like a long exposed photograph. Maybe you are used to picture it as a movie, a personal record that could be played somehow in the end. And yet most of us know that a movie consists of a huge amount of still single frames. But is a human being even capable of imagining a single, infinitely short moment? So short that it would underrun the shortest time of exposure? That's hardly possible.

Such an imagination makes no sense to us because it delivers no space. Neither for an emotion nor for a single word and especially not for a complete story. But if the story of life is no movie, what is it? If it is similar to a photopgraph, what does that mean?

The photograph is observing as long as it is exposed to light. During this process a completely dark surface becomes bright or vice versa if you think of the negative. Everything that is bright becomes dark and everything that is dark becomes bright. This normally happens in such a short time that the photographic image as a result appears to the spectator to be one moment, like a natural cutaway of past time. But technically there is much more to observe: duration of exposure, constrasts and focus have to be attended to.

If the time of exposure is long enough for anything to move in front of the lens the outcome is no moving picture but a trace. It may be the back lights of cars rushing by or a very speeded up football. But if you expose long enough even a snail would produce such traces. Could you speak of them like if they had any meaning? Other than frames in a movie they do not seem to say "this comes first and this comes afterwards" but only "now, now and now" until the shutter is interrupting this sort of state of now.

It seems to me that this image is very much more like our life than a movie. There is light available for me and I try to create something meaningful with it. There is the impossibility to hide or to erase anything at any time. Finally there is the task to focus so that I have a chance of recognizing something. And there is the release button which is not pushed by me but by whomsoever... To think of those who will look at this photo one day, that is a completely different thing.

Mittwoch, 26. Juni 2013

Eine entscheidende Frage lautet wohl: Wo exakt spielt sich mein Leben ab?
Was genau ich damit meine? Pascal entwirft die Idee des ins Leben geworfenen und unablässig nach Sinn suchenden Menschen folgendermaßen, wenn er sagt:
"Ich sehe diese furchtbaren Räume des Weltalls, die mich umschließen, und ich finde mich an einem Winkel dieser unermeßlichen Ausdehnung gebunden, ohne zu wissen, warum ich gerade an diesen Ort gestellt bin und nicht an einen anderen, noch warum mir die kleine Zeitspanne, die mir zum Leben gegeben ist, gerade an diesem und nicht an einem anderen Punkt der ganzen Ewigkeit zugeordnet ist: der Ewigkeit, die mir voraufgegangen ist, und jener, die mir folgt."
Blaise Pascal: Gedanken.
Ein solcher Mensch ist bedürftig nach Halt und er hofft, ihn in der Religion zu finden. Die Religion soll ihm letztlich als Anker dienen, der ihn seiner Aufgehobenheit versichert und ihm die Gewissheit verleiht, am richtigen weil vorherbestimmten Ort zu sein. Gleiches gelte dann auch für die ihm gegebene Zeit.

Gibt es einen Gott, dann fällt diesem die bedeutende Aufgabe zu, die Willkür auszuschalten, den Zufall zu eliminieren, denn der Gedanke, dass man selbst einfach so existieren könnte, erscheint dem Individuum unerträglich. Deshalb geht es einen Handel ein, bei dem es den Zufall und die Willkür gegen die Vorsehung und den (begründeten) Willen Gottes tauscht. Der Gewinn, der bei diesem Handel erzielt wird, ist nicht zu überschätzen: Er besteht in nichts geringerem als der Gewissheit, dass das eigene Leben einen Sinn hat.

Was aber tut der, dem es widerstrebt einen solchen Handel einzugehen? Muss er notwendigerweise auf den Trost göttlicher Geborgenheit verzichten? Möglicherweise ja.
Andererseits wird er sich aber vielleicht nach neuen Mechanismen umsehen, die sein Dasein befestigen, ihm ein Fundament verleihen können. Darüber hinaus wird er eventuell sogar den vermeintlichen Verlust als Gewinn begreifen, indem er den Mangel an Bestimmtheit in ein Mehr an Freiheit umdeutet. Und ist das nicht auch tatsächlich der Fall? Kann nicht gerade der, der sich nicht als geschaffen begreift, erst ermessen, was Schöpfung wirklich bedeutet, da er sich doch der Aufgabe gegenüber sieht, sich erst selbst zu definieren?

Wo exakt spielt sich mein Leben ab? Vor diesem Hintergrund gerät alles ins Schwimmen. Ist der Gedanke, bestimmt zu sein, erst einmal abgelegt, steht die Tür offen. Die ganze Kaskade des Hinterfragens setzt ein. Jetzt erst wird deutlich, wie relativ die eigene Vorstellung ist.
Und dann blicke ich zurück auf die Fotografie und sehe sie wie zum allerersten Mal. Was bedeutet es schon, dort gewesen zu sein? Was sagt mir, dass es so war? Mir bleibt das Gefühl, auf Formen und Schattierungen zu schauen, die mir nichts Eigentliches sagen. Aber das kümmert mich nicht. Ich spüre erst jetzt so recht, wie schön ich sie finde.


(2011)

One important question has to be: Where is my life taking place?
What I mean? Blaise Pascal is formulating the idea of man being thrown into life, searching ceaselessly for a meaning, when he says:
"I see these awful rooms of outer space which surround me and I find myself bound to a corner of these unmeasureable dimensions without knowing why I am put into this place and not into any other or why this little time span which is given to me is located on this point of eternity and not on any other: this eternity which has anteceded me and this which will follow me."
Blaise Pascal: Thoughts.
Such a man needs something to hold on to and he hopes to find it in religion. Religion shall be an anchor to him which gives him a feeling of security and assurance to be in the right place, simply because it is predestined. The time given to him should be then regarded as the same.

If there is a God then he has the important duty to eliminate arbitrariness and to eliminate hazard because the individual's thought that itself could just simply exist seems unbearable to it. That is why it is negotiating - it is interchanging hazard and arbitrariness with providence and God's (reasonable) will. The benefit of this deal should not be underestimated: it is the certainty that one's own life has a meaning.

But what is he who refuses to make such a deal doing? Does he have to abstain from the solace that comes with God's security? Maybe yes.
But perhaps he will seek for new mechanisms that sustain his living and that serve him as a grounding. Moreover he might identify the assumed loss as an advantage by understanding that a lack of determination means an excess of freedom. Isn't it the case? The one who is not seeing himself as being created, can't he alone comprehend the true meaning of creation because he is confronted with the task to define himself?

Where exactly is my life taking place? Against this background everything becomes insecure. If the thought of being defined is once abandoned the door is open. A whole cascade of questions is crushing down. Now it becomes clear how relative my own imagination is. Then I look back on photography and I see it like for the very first time. What does having been there mean to me? What tells me that is has been this way? I am left with the feeling to look on forms and shadows which mean nothing to me. But I don't care. It's now that I really feel how beautiful they are to me.

Montag, 17. Juni 2013

Photographie

War ich nicht unter ihnen, in der Nische dieses Tages,
der sein Licht in schön gemessenen Schritten über uns verlor?
Wie geblendet, von Sinnen,
Eidechsen gleich auf gerade eroberten Steinen ruhten wir uns aus.

Wer könnte das erfassen, wer hätte die Worte
das zu sagen?
Wer weiß noch, wohin er sich sammeln soll?

Auf der Bühne jener kleinen Momente ist unser Augenblick getrocknet –
da! Nur eine Spur von einem Sonnenschein, der uns nicht mehr angehört.

Und wie ich es so versuche, schauend und lebend zur selben Zeit,
fühlend, dass meine Fehler diesen Rahmen übersteigen,
erreicht es auch mich: Einmal bin ich allen verloren.


(2011)

Sonntag, 7. April 2013

Kann denn dieses Bild irgendeine Form von Antwort sein? Vielleicht in der Art, dass es etwas wieder-gibt, was sonst verloren wäre? Aber was habe ich denn davon, dass ich es behalte? Wohl vor allem, dass ich mich daran halten kann. So gesehen ist es weniger eine Antwort als vielmehr ein Trost, eine Geste des Haben-dürfens, die mich beruhigt, indem sie mir etwas an die Hand gibt, mich daran zu klammern. Es hebt mich auf im Raum der Erinnerung und des Empfindens, also faktisch und emotional. Das Tatsächliche bildet sich in mir ab, die Welt ist mir Gefühl geworden. Es ist die innere Re-Präsentation äußerlicher Wirklichkeit.

Darin liegt das Besondere, denke ich, dass eben etwas zurückkommt, heimkehrt, könnte man sagen. Die Begegnung hat stattgefunden, einmalig, unwiederholbar. Aber andererseits tröstet mich die Vorstellung jener scheinbaren oder möglichen Welt objektiver Vergangenheit, aus der etwas kommen kann. Da bin ich, sind wir, ist es gewesen. Ich kann darüber verfügen, aber es ist nicht der Besitz, der mich reizt. Es ist die Gewissheit!


(2012)

Das, was nicht verblasst, hält man gemeinhin für das Beste, weil Gegebene oder das Wahre, weil Bewährte. Aber ich sehe doch mit der Zeit, dass ich selbst diese Auswahl getroffen habe. So bin ich wohl auch in gewisser Hinsicht für meine Bilderwelten verantwortlich. Zumindest mitverantwortlich. "Der Beobachter greift ein", lehrt uns die Quantenmechanik und das erscheint mir verständlich. Der Beobachter ist schließlich stets eingebunden, verwoben mit dem Gegenstand seines Schauens. Ganz unphysikalisch lebt mein Bild in mir und mit mir.

Die Frage an mein Bild heißt mich in Frage zu stellen, heißt über mich nachzudenken und führt mich so - wie sollte es auch anders sein - zurück zum Bild. Da erkenne ich diese kindliche, kaum zu benennende Angst, aus der Welt zu fallen, irgendwie, diese unwissende, ahnende Furcht vor dem Tod, der nicht kommt, aber möglich ist. Und da begreife ich den Sinn der Tröstung: Sie schenkt Bindung und Raum.

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Can this picture be a sort of answer? Maybe in a way that it is re-producing something which would be lost otherwise? But what use has it for me to keep it? Probably that I can use it to hold on to it. So it is more a thing of solace than an answer, a gesture of being-allowed-to-have which calms me by handing me something to grab. It keeps me in a place of memory and sentiment, so it has a factual and an emotional aspect. Reality pictures itself inside me, the world has become my sentiment. It is the inner re-presentation of outer reality.

This is something exeptional, I think, that something is coming back, you could say it's returning home. The encounter has taken place, singular, unrepeatable. But on the other hand I am taking comfort in the conception of an apparent or possible world of objective past from where something can come back. There I am, here we are, it has been. I have it available but it is not this possession that is exciting me. It is certainty!

One is used to mistake what is not fading away to be best just because it is given or true just because it is established. But I begin to realize that it is me who has made that selection. So I happen to be responsible for my world of images in a way. At least partly responsible. Quantum mechanics is telling us that "the observer is interfering" and this appears comprehensible to me. The observer is always involved, inweaved with the object of his sight. Very unphysically there is an image living inside me and with me.

Every question to my image means to question me, means thinking about me and is leading back to - whereever else - the image. Then I recognize this childish dread of falling out of the world which is so hard to name, this unknowing but guessing fear of death which is not coming but able to come. At that point I understand the meaning of this solace: it delivers binding and space.

Samstag, 19. Januar 2013

Was die Erinnerung anbelangt, so versuche ich wohl unablässig an den Punkt zu gelangen, in welchem keine Bewegung mehr möglich und nötig ist. Mit Bewegung meine ich das permanente Verwischen des Bezugs zu meinem Bild von etwas. Mein eigenes Bild kennt seinen Ort sowohl in der Zeit als auch der Welt und kann diesen ohne Aufgabe seiner Existenz nicht verlassen. Es scheint mir genauso wenig das reproduzierbare Produkt einer Industrie wie ich mich für einzigartig halte.

So hängt die Fotografie am gerade noch verträglichen Rest Materialität, der erforderlich ist, das Bild dauerhaft und transzendent zu machen. Es taucht auf Papier auf wie die Schriften und öffnet das Fenster wie die Ikone (den Gedanken Pavel Florenskijs folgend). Es ist zugleich Licht und Belichtetes.


(2011)



Insofern klammere ich mich an den Augenblick im fotografischen Bild als existenziellen Beleg meines Da-gewesen-seins. Diese Aufgabe erfüllt es besonders gut, da es geschenkt und gemacht zugleich ist - nie ist es reine Erfindung oder gänzlich vorgefertigt. In ihm kam ich mit der Welt zusammen. Es ist mir zur Wohnung geworden.

Dabei wird mir in etwa klar, was Barthes mit dem studium bezeichnet hat. Ist es nicht so, dass der Fremde immer nur an der Komposition, dem Licht- und Schattenspiel Gefallen finden kann? Dies ist das eine, andererseits mag ihm auch der Gedanke an den Zeitpunkt (und dabei meine ich in erster Linie nicht das bloße Feststellen von Vergangenem, sondern das existenzielle Moment der Vergänglichkeit) vertraut sein - doch keineswegs wird er in den Bildern das Zuhause finden, wie ich es in ihnen kenne.

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Thinking of memories I always try to reach that certain point where movement is impossible and not necessary. Movement to me means the permanent blur of my reference to my image. My own image knows it's place in time and space and is unable to leave it without giving up it's existence. It does not seem to me to be the repeatable product of an industry just like I do imagine myself as being unique.

So photography is clinging to the barely agreeable rest of materiality that is necessary to make the picture both stable and transcendent. It appears on paper like the scriptures and at the same time opens a window like an icon (according to the thoughts of Pavel Florensky). It is both light and exposed to light.

Insofar I leech on to this moment in the photographic image as an existential proof of my having-been-there. It is very good at performing that task because it is both made and received - it is never pure imagination nor completely precast. I met the world in it. It has become my habitation.

I assume to understand what Barthes meant when he spoke about studium. Isn't it that a stranger can only appreciate a composition, merely a play of light and shadow? This may be the case but on the other hand the thought of this point in time may also be familiar to him (I mean not only the simple diagnose that something is past but the existential moment of past) - yet it is impossible for him to find the same habitation in the images like I know it.